Eine kurze Betrachtung aus drei verschiedenen Blickwinkeln

Kostenexplosion und Versorgungsnotstand im Gesundheitswesen und Implikationen für die Tarife psychologischer Psychotherapie.

Die aktuelle Debatte zur Explosion im Gesundheitswesen und der damit einhergehende Druck Kosten einzusparen soll in keiner Art und Weise die Leistungen im Bereich der psychischen Gesundheit betreffen. Psychotherapie und ambulante psychiatrische Versorgung helfen gemäss vorliegenden Erkenntnissen Kosten einzusparen, welche bei Nichtbehandlung durch chronifizierende Verläufe entstehen können.

Psychotherapie ist ein wirksames und kostengünstiges Verfahren zur Behandlung psychischer Störungen. Prof. Jürgen Margraf, belegt dies anschaulich mit Studien und Analysen in seinem Buch „Kosten und Nutzen der Psychotherapie“, erschienen 2008 im Springer Verlag. Die Metastudie wertet Originalarbeiten zu Kosten und Nutzen ambulanter Psychotherapie aus. Die Analyse von 54 Studien mit mehr als 13 000 Patienten belegt in 95 Prozent der Studien eine deutliche Kostenreduktion durch Psychotherapie. In 76 Prozent der ausgewerteten Untersuchungen wird aufgezeigt, dass die Psychotherapie medikamentösen Behandlungen überlegen war oder mindestens einen effektiven Zusatznutzen brachte.

Zudem zeigen die aktuellen Zahlen deutlich den Versorgungsengpass in diesem Bereich auf. Insbesondere unsere nachkommende Generation leidet unter den aktuellen Zuständen. Lange Wartefristen und Nichtbehandlungen sind die Folge. Hier stellen die Leistungen psychologischer Fachpersonen in der Psychotherapie ein zentrales Element der Gesundheitsversorgung dar. Dazu gehören auch zwingend diejenigen, die sich im Assistenzstatus befinden. Dies adäquat zum medizinischen Bereich.

Aktuelle Zahlen zeigen zudem, „dass das Anordnungsmodell keinen massgebenden Einfluss auf den Kostenanstieg hat, sondern sich vielmehr der Trend der vergangenen Jahre fortsetzt.“ (15.08.2023

Medienmitteilung der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen FSP / https://www.psychologie.ch/steigende-gesundheitskosten-fakten-zum-einfluss-der-psychotherapie). Siehe zur allgemeinen Entwicklung auch die Resultate der Gesundheitsbefragung 2022 / https://dam-api.bfs.admin.ch/hub/api/dam/assets/28625352/master  und die Studie der ZHAW und der Universität Luzern zur Kostenentwicklung im Gesundheitswesen / https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37880733/#:~:text=Total%20health%20care%20spending%20increased,in%20disease%20prevalence%20(12.2%25).

Einsparungen bei der Versorgung bei psychischem Leiden führen zu mehr Kosten bei der Gesamtbetrachtung. „Die Studien zeigen, dass Psychotherapie im Vergleich zu routinemässig eingesetzten medizinischen Behandlungsmassnahmen nicht nur wirksamer, sondern auch kostengünstiger ist. Die zu erzielenden medizinischen und volkswirtschaftlichen Einsparungen übersteigen die Kosten für einen vermehrten Einsatz von Psychotherapie bei weitem.“

(Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2001), 30, pp. 10-21, Jahrgang 30, Heft 1Januar 2001, ISSN: 1616-3443eISSN: 2190-6297)

Des Weiteren gilt es die Leistungen der psychologischen Berufsgruppe auch adäquat zu entschädigen. Selbstverständlich sind die Bemühungen zur Erfassung des gesamten Kosten– und Leistungsspektrums, wie dies aktuell geschieht, in der psychologischen Psychotherapie zu begrüssen. Gleichzeitig gilt es jedoch auch die tarifliche Schieflage zwischen medizinischen und psychologischen Leistungserbringenden zu korrigieren und dieser mit einem passenden Tarifmodell zu begegnen.

Es ist nicht verständlich, dass weitgehend identische Dienstleistungen unterschiedlich vergütet werden. Auch in der ambulanten psychiatrischen Versorgung stellt Psychotherapie den überwiegenden Teil der erbrachten Dienstleistungen dar und unterscheidet sich auch in Forschung und Lehre nur partiell von der einer psychologischen Psychotherapie. Darüber hinausgehende und unterschiedliche Leistungen bedürfen jedoch einer differenzierten Tarifierung. Solche finden sich sowohl im medizinischen als auch im psychologischen Bereich.

Es ist zwingend, dass die Entscheidungstragenden in den Fachverbänden und schlussendlich in der Politik diesen Zusammenhängen die nötige Beachtung schenken. Dies in Anerkennung der schwierigen Situation der an psychischem Leiden erkrankten Menschen. Unsere Gesundheit ist unser höchstes Gut!

Reto Mischol, November 2023