Stabilisierungstechniken sind wirksame Selbsthilfemethoden und auch Teil vieler traumatherapeutischer Verfahren, um mit belastenden Erlebnissen und ihren Folgen besser umgehen zu können. Auch bei Stresssymptomen leisten sie wertvolle Hilfe im Rahmen des Stressmanagements.

Wichtig ist dabei das frühzeitige Erkennen von Signalen der Unausgeglichenheit – dies muss bewusst gelernt werden. Welche Gedanken, Gefühle, Handlungen und Körpersignale gehen schwierigen Momenten voraus? So kann rechtzeitig reagiert werden und eine individuell passende Stabilisierungstechnik angewendet werden.

Ziele von Skills:

Stabilisierungstechniken

  • Erfahrung machen Erregung (körperlich und psychisch) selbst kontrollieren zu können
  • Selbstberuhigung möglich zu machen
  • Flashbacks können gestoppt und kontrolliert werden.

In oder nach Phasen der Überforderung ist es eine zentrale Aufgaben wieder Sicherheit, Vertrauen in sich selbst und seine Umwelt und das Gefühl von Selbstwert wiederherzustellen. Darauf kann wieder eine Überzeugung von Eigenkontrolle und neue Beziehungen wachsen.

Atemübungen sind das A und O der Entspannungstechniken

Während wir bewusstes Atmen üben, verlangsamt sich unser Denken und wir können echte Entspannung erleben. Während der meisten Zeit denken wir zu viel und achtsames Atmen hilft uns ruhig, entspannt und zufrieden zu sein. Es hilft uns dabei aufzuhören so viel zu denken und von Trauer über die Vergangenheit und Sorgen über die Zukunft besessen zu sein. Bei allen Atemübungen soll tief in den Bauch geatmet werden und über die Nase ein- und den Mund ausgeatmet werden.

Variante 1: 4-6

Nehmen Sie sich etwas Zeit und konzentrieren Sie sich auf Ihren Atem. Atmen Sie in folgendem Rhythmus:

  • 3 Sek. Einatmen
  • 6 Sek. durch den leicht geöffneten Mund ausatmen

Variante 2: 4-7-8

Nehmen Sie sich etwas Zeit und konzentrieren Sie sich auf Ihren Atem. Atmen Sie in folgendem Rhythmus:

  • 4 Sek. einatmen
  • 7 Sek. die Luft anhalten
  • 8 Sek. durch den leicht geöffneten Mund ausatmen

Immer mitzählen, wenn möglich die Augen schliessen. Acht Durchgänge führen zu einer deutlichen Entspannung, hilft auch beim Einschlafen.

Variante 3: 1-2-3-4-5

  • 5 x kräftig ein- und ausatmen / durch den Mund mit Atemgeräuschen
  • Einatmen 2 Sek. Luft anhalten / Ausatmen 2 Sek. Luft anhalten
  • Einatmen 3 Sek. Luft anhalten / Ausatmen 3 Sek. Luft anhalten
  • Einatmen 4 Sek. Luft anhalten / Ausatmen 4 Sek. Luft anhalten
  • Einatmen 5 Sek. Luft anhalten / Ausatmen 5 Sek. Luft anhalten
  • 5 x kräftig ein- und ausatmen / durch den Mund mit Atemgeräuschen.
  • Bei Bedarf wiederholen! In besonderen Momenten einsetzen.
  1. Aus der Situation gehen
  2. 3x in die Luft boxen
  3. Satz sagen: Setz dich und entspanne dich!
  4. Langsam bis 5 zählen
  5. 3x tief ein- und ausatmen
  6. 3x tief ein- und ausatmen mit jeweils 3 Sek. Luft anhalten
  7. 3x tief ein- und ausatmen
  8. Langsam bis 5 zählen.

Und du bist ruhig!

3 – 2 – 1 Übung

Ziel: Fokus auf die Wahrnehmung von Sinneseindrücken im aktuellen Raum – im Hier und Jetzt!

  • Bei Intrusionen/Flashbacks, abschweifenden Gedanken
  • Unterbrechen von Panikattacken
  • Gedankenstopp

Ablauf:

  • 3 Dinge, die ich sehe, 3 Dinge, die ich höre, 3 Dinge, die ich spüre
  • 2 Dinge, die ich sehe, 2 Dinge, die ich höre, 2 Dinge, die ich spüre
  • 1 Ding, das ich sehe, 1 Ding, das ich höre, 1 Ding, das ich spüre

Wichtig: Üben in unbelasteten Momenten!

Anmerkung: Kann auch als 5-4-3-2-1 Übung durchgeführt werden! Dementsprechend länger.

Sich an der ‚Vernunft‘ orientieren

Ziel: An einer rationalen Sichtweise ankern können – reorientieren.

  • Bei Panikattacken
  • Gedankenstopp bei negativer Gedankenspirale

Ablauf:

  • In einem guten Moment notieren was man über die eigene Angst und Panikmomente weiss. Dass sie immer vorbei gehen und dass nichts passiert!
  • Was weiss ich, wenn ich nicht in der Angstsituation bin.
  • Was sagen mir meine Vernunft und meine Erfahrung.
  • Bei aufkommenden Angstgefühlen die Notiz hervornehmen, sie lesen und sich daran orientieren!

Wichtig: Notiz immer dabeihaben!

Screen- oder TV-Technik

Diese Technik ist sehr hilfreich bei dem Gefühl, die Bilder eines Ereignisses nicht mehr kontrollieren zu können. Es ist mit der Screen-Technik möglich wieder zu handeln und die Bilder zu beeinflussen. Anstelle von Bildern können auch kurze Filmsequenzen bearbeitet werden (komplexer in der Bearbeitung).

  • Bei der Bildschirm-Technik geht es darum, das erlebte Trauma wie einen Film / eine Foto aus der Vergangenheit mit großem Abstand noch einmal nach zu erleben und hierbei die begleitenden Erinnerungen, Gefühle, Gedanken und Körper-Reaktionen bewusst wahrzunehmen und „portionsweise“ zu verarbeiten.
  • Zusätzlich wird das ‚Gegenteilige Ressourcen-Bild‘ zum ‚Trauma-Bild‘ abgerufen. Dieses soll Sicherheit und Wohlfühlen vermitteln (siehe auch Sicherer Ort). Am Ende des Trauma-Clips wird noch eine sichere Situation aufgerufen, bei der das Trauma ganz sicher zu Ende gewesen ist.
  • Distanzierung mit Hilfe des Variierens des Bildes in der Größe und der Farbintensität hilft Überflutung zu vermeiden.
  • Anleitung:
    Vergegenwärtige dir, dass das Ereignis Vegangenheit ist und du dich bei dir zu Hause sicher fühlen kannst. Es ist vorbei!
    Setze dich vor eine weisse Wand und stell dir eine Leinwand vor, darauf ein für dich wohltuendes und dir Sicherheit gebendes Bild/Foto. Etwas aus deiner Erinnerung oder deiner Phantasie, so dass du dich wohl fühlst bei der Betrachtung. Geniess es!
    Dann nimm bewusst das belastende Bild aus deiner Erinnerung von gestern hervor und setze es ganz klein in eine der beider unteren Ecken des wohltuenden und sicheren Bildes. Schau dir das Ganze an und überprüfe wie es dir dabei geht. Nun kannst du selbst das bedrohliche Bild bearbeiten, noch kleiner machen, heller machen, verschieben etc. bis es für dich gut zu ertragen ist. Reorientiere zwischendurch immer wieder an deinem Wohlfühlbild und lass es für dich Sicherheit gebend wirken.
    Sobald es für dich passt, so hast du den  wichtigsten Schritt bereits gemacht.
    In der Folge kannst du für dich bewusst handelnd mit dem noch negativen Bild arbeiten indem du es mal grösser werden lässt, dann wieder kleiner und heller, bis du ganz für dich bestimmst wie es noch wirken soll. Und du machst die Erfahrung, dass es seine Kraft verliert und du dich besser fühlst.
    Mit dieser Exposition hilfst du dir aktiv und veränderst das kognitive Konstrukt der Erinnerung.

Körperorientierte Techniken

Dazu gehört in erster Linie die Bewegung in der freien Natur. Diese muss mit sich selbst verbindlich vereinbart werden, am besten einen Wochenplan aufstellen. Dieser wird befolgt, egal ob es regnet oder schneit!

Aber auch eine kurzfristige Intervention bei Stresssymptomen oder Reizüberflutung mit Treppensteigen oder einem Gang durch das Quartier können sehr hilfreich und stabilisierend sein. Einfach den inneren Widerstand überwinden und gehen.

Körperhaltung von ‚Schwierig zu Sicher‘

Stelle dir die schwierige Situation vor, versuche sie mit allen Sinnen zu erfassen und stelle sie in einer typischen Körperhaltung/Skulptur dar. Einfach in die ‚Schwierige Position‘ gehen. Danach gehe bewusst aus dieser Position, orientiere dich wieder im ‚Hier und Jetzt‘ und wähle in Gedanken eine absolut gegenteilige Situation aus in der du dich sicher und wohl gefühlt hast – stelle diese auch mit einer typischen Körperhaltung dar.

Nun verbinde diese beiden Skulpturen und Stimmungen miteinander indem du im Verlaufe von ca. zwei Minuten langsam aus der schwierigen in die sicher Körperhaltung übergehst – ganz langsam. Fühle nach wie die Stimmung sich langsam ändert und dein Gedächtnis die Verbindung herstellen kann. Es ist in schwierigen Momenten wichtig zu wissen, dass das gegenteilige Gefühl auch abrufbar ist!

Einen ruhigen Ort wählen, sich Zeit lasen und üben ist wichtig.

Progressive Muskelrelaxation nach Edmund Jacobson

Informieren Sie sich hier: http://www.progressive-muskelrelaxation.info/nach-jacobson-anleitung.pdf

Wohlfühlort oder ‚Sicherer Ort‘

Dies ist eine von den wichtigeren Stabilisierungstechniken, die immer eingesetzt werden kann und wichtiger Bestandteil von Instruktionen in  Psychotherapien ist. Nehmen Sie sich etwa fünfzehn Minuten Zeit, in denen Sie möglichst ungestört sind. Entwickeln Sie innerlich ein Bild von einem Ort, an dem Sie sich absolut sicher, wohl und geborgen fühlen… Das kann ein Ort sein, an dem Sie schon einmal waren. Es kann aber auch ein Ort sein, den Sie sich in ihrer Fantasie vorstellen, von dem Sie einmal gelesen haben oder von dem Sie geträumt haben. In Ihrer Vorstellung ist alles möglich… Menschen sollten keinen Zugang zu diesem Ort haben!

  • Was sehen Sie?
  • Was hören Sie?
  • Was riechen Sie?
  • Was spüren Sie auf der Haut?
  • Wie geht es Ihren Muskeln?
  • Wie ist Ihre Atmung?
  • Wie geht es Ihrem Bauch?
  • Entspricht die Temperatur an Ihrem sicheren Ort Ihren Bedürfnissen?

Nehmen Sie das bitte ganz genau wahr, damit Sie wissen, wie es sich anfühlt, an diesem sicheren Ort zu sein. Bleiben Sie noch einen Augenblick an Ihrem Ort und genießen Sie das Wohlgefühl, die Sicherheit und die Geborgenheit, die Ihnen Ihr Ort gibt… Damit es Ihnen künftig leichter fällt, an Ihren sicheren Ort zurückzukehren, verabreden Sie jetzt mit sich selbst ein Zeichen, mit dessen Hilfe Sie jederzeit an Ihren sicheren Ort gehen können. Das kann eine kleine Körpergeste sein, die Sie oft ausführen oder eine neue kleine Geste. Es wäre gut, wenn Sie die Geste jetzt ausführen und gleichzeitig noch einmal intensiv an Ihren sicheren Ort denken… So verknüpfen Sie in der Vorstellung Ihren sicheren Ort mit dieser Geste. Immer wenn Sie diese Geste machen, können Sie zukünftig an den sicheren Ort gehen und ihn spüren.

Quelle: In Anlehnung an Luise Reddemann / Literaturtipp.

Lachen

Lachen bewirkt Wunder und löst eine Hormonausschüttung und positive Gefühle aus. Begrüsse dich auch manchmal morgens mit einem freudigen und wohlwollenden Lächeln im Spiegel. Es darf dir am Anfang ruhig etwas skurril und komisch vorkommen – tue es einfach und freue dich am Effekt.

Achtung: Die Wirkung ist wissenschaftlich erwiesen!

Freudentagebuch

Trage regelmäßig in ein Tagebuch die drei schönsten oder freudigen Ereignisse des Tages ein. Nimm dir dafür abends etwas Zeit. Konzentriere dich nur auf das Positive und freue dich auch über ganz kleine Sachen wie z. B. einen feinen Espresso oder die Sonnenstrahlen, die durch die Blätter scheinen etc..

Achtung: Das regelmäßige Führen des Freudentagebuches kann dein Leben verändern! 🙂

Du leistest viel und mit viel Energieeinsatz – alle Achtung! Da darfst du ruhig stolz auf dich sein!

Gleichzeitig fordert es viel von dir und du hast auch Angst es nicht gut zu machen. Dass du irgendwie durchkommst, das weisst du.

Oft haben wir Menschen dann das Gefühl, dass alles zuviel ist und sie keinen Überblick mehr haben und es so auch nicht schaffen können.

Deshalb realistische Ziele setzen – aufschreiben:
– Worst case Szenario: Was ist das Schlimmste was passieren kann?
– Normal Szenario: Was wäre ok und ich könnte damit leben?
– Highlight Szenario: Was wäre super und wünschenswert und total genial?
Irgendwo auf dieser Bandbreite findest du dich ein mit deinen Kompetenzen und den Möglichkeiten und Grenzen deiner Energie.

Dazu braucht es dann einen guten Plan, damit du den Überblick hast. Nichts hassen wir Menschen mehr, als wenn wir die Orientierung nicht mehr haben und ohnmächtig werden.

Deshalb drei Pläne festhalten:
– Monatsplan: Damit eine Zukunftsorientierung stattfinden kann. Alles entwickelt und verändert sich!
– Wochenplan: Das Menü für die nächste Zeit. Ressourcen einteilen und sich einen Überblick verschaffen. Arbeits-, Frei-, Sozial- und Mussezeiten planen.
– Tagesplan: Der Stundenplan im Detail. Verbindlich und als Vorgabe was , wann und wie lange zu tun ist.
Für Stresszeiten stehen die Übungen auf dieser Homepage zur Verfügung.

Schlafhygiene beginnt mit Ordnung im Kopf

Dabei ist Struktur und Orientierung wichtig. Ordnen und deponieren Sie Gedanken, ermöglichen Sie sich ein Gefühl des ‘Vorläufig Erledigt Habens’!

Dafür legen Sie sich ein Notizbüchlein zurecht. Möglicherweise das gleiche in das sie auch Ihre Freuden notieren – siehe auch auf dieser Seite unter „Humor und Freude“! Wichtig: Jedoch von der anderen Seite her beginnen!


To do’s

  1. Berufliche Themen und Pendenzen: «Das muss ich morgen unbedingt noch erledigen und darf es nicht vergessen!»
  2. Persönliche Aufgaben: „Morgen noch XY anrufen und mit ihm:r klären.“
  3. Unerfreuliches: „Das hat mich heute sauer gemacht und ich lege das für diese Nacht zur Seite.“
  4. Kummer und Schuldgefühle: „Wann kann ich mir wieder mal für XY Zeit nehmen?“
  5. Perspektiven und Pläne: „Gespräch mit XY vereinbaren und Ideen besprechen und skizzieren.“

Generell gilt: Mit Ruhe und Musse, möglichst ohne Suchtmittel, den Tag rechtzeitig ausklingen lassen.

Weitere hilfreiche Stabilisierungstechniken:

  • Musikhören
  • Tetris spielen – wirkt Wunder durch Aufmerksamkeitsfokussierung und Ablenkung
  • Genügend Schlaf und ein ausgewogener Tag-Nacht-Rhytmus sind wichtig
  • Gesunde Ernährung, keine Suchtmittel!
  • Sich einfach wieder mal etwas zuliebe tun! Es gibt tausende von Möglichkeiten
  • Beziehungen pflegen – auch wenn es schwer fällt
  • Beachten Sie dabei auch die Tipps auf unserer Checkliste ‚Was tun bei Burnout‘!

In ganz schwierigen Momenten:

Kopf unter das kalte Wasser halten!

Einfache Beispiele, wenn Mitmenschen nicht mehr oder nur schwer erreichbar oder abwesend sind:

  • Lautes Klatschen und deutliches Ansprechen
  • Mit falschem Namen ansprechen, irritieren
  • Aktive Bewegung, die ungewöhnlich ist und Aufmerksamkeit fokussiert/irritiert
  • Kognitive Ablenkung (von 100 in 7er Schritten rückwärts zählen lassen,…)

Viel Motivation beim Üben!