Vertrauen

Vertrauen, Täuschen und Schwindeln

 

Unsere Ansprüche an Offenheit und Ehrlichkeit in direkten zwischenmenschlichen Kontakten und ebenso in der wirtschaftlich-politischen Kommunikation sind sehr hoch. Gleichzeitig wissen wir auch, dass Daten und Fakten interpretier- und biegbar sind und dies auch eine wichtige Strategie im öffentlichen Diskurs darstellt. Wenn wir uns selbst und unsere Produkte an den Mann, die Frau bringen wollen, so  bedienen wir uns frisch fröhlich aller Möglichkeiten, die uns erfolgreich und attraktiv erscheinen lassen.

 

Die Fragen, die sich uns dabei stellen lauten: Wieviel ‚Kreativität‘ im Umgang mit der Wahrheit verträgt sich mit einer nachhaltigen Zielorientierung? Und wann wird diese Gratwanderung unweigerlich zu einem Eigentor,  welches die eigene Glaubwürdigkeit auf lange Sicht demontiert?

 

Im Zeitalter der Massenmedien haben wir gelernt die uns vorgesetzten Informationen abzuwiegen und ebenso zu relativieren. Wir sind kritische Zeitgenossen.

 

Vertrauen und Verlässlichkeit

In persönlichen Beziehungen jedoch spielen Vertrauen und Verlässlichkeit eine entscheidende Bedeutung – worauf können wir uns also verlassen? Aktuelle Studien aus dem forensischen Bereich, die sich aus Gründen der Wahrheitsfindung mit dem Thema Lügen befassen, zeigen diesbezüglich ein sehr ernüchterndes Bild auf.  Wirkliche Anzeichen, die in der Kommunikation auf Unehrlichkeit schliessen lassen, finden sich kaum. Wenn, dann nur unter sehr individueller Betrachtung.

 

Wir sind darauf angewiesen, uns auf unsere Mitmenschen verlassen zu können und ihnen vertrauen zu können. Doch was bedeutet das unter der Prämisse, dass menschliche Kommunikation an sich interpretierbar ist und Enttäuschungen und Grenzverletzungen immer wieder vorkommen können? Wir müssen lernen damit umgehen zu können, dass es die totale Sicherheit in Beziehungen nicht gibt. Dass wir um den Preis unserer Verletzbarkeit Situationen eingehen, die uns vorerst Nähe und Wohlgefühl versprechen. In der Liebe und Zuneigung zu Menschen ist dies sehr deutlich der Fall. Wir wissen, dass das Schönste der Welt direkt mit tiefstem Leiden gekoppelt sein kann, das Menschen erleben können. Das ist dann der Fall, wenn das Vertrauen und die Nähe in eine uns wichtige Person nicht mehr selbstverständlich sind. Gut, dass wir uns trotz alledem lustvoll auf das Wagnis Leben einlassen und seine wunderbaren Geschenke und auch Herausforderungen annehmen.

 

Erschienen in der Südostschweiz Juli 2015